162
Geschichte.
sandte der Kaiser seinen Bruder, den Erzherzog Karl, wel-
cher eben die Franzosen in Deutschland besiegt und bis an den
Rhein zurückgeworfen hatte, nach Italien, um Bonapartes An-
drang zu hemmen. Allein diesem Krieger war Karl nicht gewach-
sen. Er zog sich kämpfend zurück bis in die Nähe von Wien.
Endlich schlossen beide Parteien Frieden; Oesterreich trat Bel-
gien und die bisherigen Besitzungen in Italien ab und erhielt
dafür den größten Theil der ehemaligen Republik Venedig. Ans
den eroberten Ländern in Italien bildete Frankreich zwei Frei-
staaten.
Nur ein Feind blieb unbesiegt, nämlich England. Gegen
dieses rüsteten sich die Franzosen aus allen Kräften, indem sie
eine Landung an der Meerenge, welche den Kanal mit der
Nordsee verbindet, unternehmen wollten. Bonaparte, der Sieger
Italiens, sollte das Vorhaben ausführen; allein statt dahin,
sandte man ihn mit einer großen Flotte und 20,000 Mann
insgeheim nach Aegypten. Die Eroberung dieses Landes
wurde ebenfalls als ein Angriff aus England betrachtet, indem
man von da aus dessen Besitzungen in Ostindien leicht beun-
ruhigen konnte. 'Obgleich der englische Admiral Nelson ans
dem mittelländischen Meere kreuzte, um die Franzosen aufzusuchen,
so landeten sie dennoch, von ihm unbemerkt, bei Alexandrien in
Aegypten. Sogleich schiffte Bonaparte seine Kriegsmacht aus,
nahm bald Alexandrien mit Sturm und rückte schnell gegen die
Hauptstadt Kairo vor. Die Franzosen hatten mit vielen
Schwierigkeiten zu kämpfen, denn der Weg führte durch eine
Sandwüste, in welcher sie unaufhörlich von feindlichen Reitern
angegriffen wurden. Bei den P y r am iden erfolgte eine Schlacht,
die Eonaparte gewann.
Endlich fand Nelson die französische Flotte bei Abukir
und griff sie sogleich an. Die Schlacht war furchtbar und dauerte
18 Stunden. Da§ Schiff des französischen Admirals, welches
120 Kanonen führte, faßte Feuer und flog mit einem fürchterlichen
Krachen in die Lust. Das Meer zischte und brauste in der ent-
setzlichsten Gluth. Die Flotte der Franzosen wurde fast gänzlich
vernichtet, nur vier Schiffe entkamen dem Verderben. Bonaparte
war nach dem Verluste der Flotte von Frankreich völlig abgeschnit-
ten; dennoch behielt er bei der Nachricht von jenem Unglück großen
Gleichmuth. Während einer seiner Generale ganz Oberägypten
eroberte, drang er selbst über die Landenge Suez in Syrien ein,
nahm Gaza und Jaffa und belagerte alsdann die Festung Acre.
Ueber zwei Monate brachte er vor ihren Mauern zu und stürmte
mehreremal; allein der Befehlshaber der Stadt, von den Eng-
ländern zur See unterstützt, schlug jeden Angriff ab. Endlich
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Italien Wien Oesterreich Italien Republik_Venedig Italien Frankreich England Nordsee Italiens England Ostindien Kairo Frankreich Suez Syrien Gaza Jaffa
Ludwig Xiv., König von Frankreich.
133
Kräfte des Staates zu guten und nützlichen Anstalten verwendet
werden; da nur vermag die Menschheit in ihrer Bildung fortzu-
schreiten. Der Krieg dagegen zerstört den Wohlstand und hemmt
das Emporkommen des Guten.
Ludwig hatte besonders im Sinne, Spanien und Oesterreich
zu beschränken und nahm beiden ansehnliche Gebiete ab. Mehrere
seiner Kriege hatten nur Raub und Verwüstung zum Zweck. So
schickte er im Jahre 1688 ein starkes Heer an den Rhein.
Mainz, Mannheim, Speier, Worms und andere
Städte waren bald genommen, und nun ergossen sich die Fran-
zosen wie eine Fluth über Franken und Schwaben. Im folgen-
den Jahre begannen die Verheerungen erst mit den Dörfern und
kleinen Städten. Die Bewohner wurden, ihrer Habe beraubt,
aufs freie Feld getrieben, wo viele verhungerten und erfroren;
dann zündete man die Oerter an. Mannheim zerstörten die Fran-
zosen von Grund aus und brachten die Bürger mit Gewalt nach
Frankreich hinein. Viele schöne Städte in Baden hatten dasselbe
Schicksal. Ludwig erniedrigte auch Holland; und wiewohl es
ihm nicht gelang, das Land mit seinem Reiche zu vereinigen,
schwächte er es doch so, daß die Holländer nicht mehr ganz selbst-
ständig waren. Er suchte allerhand scheinbare Gründe hervor,
diesem oder jenem Nachbarn etwas abzunehmen, bloß um seine
Uebermacht zu zeigen. Niemand vermochte lange Zeit ihm zu
widerstehen. Wie auf dem Lande seine Heere, so herrschten auf
der See seine Flotten. Er stand als Gebieter des ganzen Euro-
pas da. Aber Hochmuth ist nicht weit vom Fall. Es vereinigten
sich alle beleidigten Staaten gegen ihn: Deutschland, Eng-
land, Holland, Spanien, das nördliche Italien. Er
blieb Anfangs gegen so viele Feinde Sieger und erlangte einen
ehrenvollen Frieden. — Doch währte dieser Friede nicht lange.
Ludwig wollte seinen Enkel zum Könige von Spanien machen.
Dagegen waren die obengenannten Staaten. Sie bildeten einen
neuen Bund, und es entstand der spanische Erbfolgckrieg,
der 13 Jahre anhielt. In diesem verließ den König von Frank-
reich sein Glück. Das Land wurde erschöpft. Es fehlte an Geld.
Die großen Feldherrn waren todt, Ludwig selbst alt; die Ver-
bündeten siegten, seine früheren Eroberungen gingen verloren,
und vergebens bat er um Frieden. — Er lebte nur noch kurze
Zeit nach Ende dieses Krieges; aber im ganzen Reiche war Elend
verbreitet, der Ackerbau verfallen, das Volk so von Abgaben
gedrückt, daß es sich kaum nähren und kleiden konnte, der Adel,
der im Kriege gedient hatte, verarmt.
Ludwig that zwar viel für Schifffahrt, Handel und das
Fabrikwesen, er munterte Künstler und Gelehrte durch Beloh-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Ludwig Ludwig Ludwig Hochmuth Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Spanien Oesterreich Rhein Mainz Mannheim Worms Schwaben Mannheim Frankreich Baden Holland Deutschland Holland Spanien Italien Spanien Frank-
164
Geschichte.
gezeichneter Pracht feierlich gekrönt. Aber selbst die Kaiserkrone
genügte seinem Ehrgeize nicht; er wußte es dahin zu bringen, daß
ihn der italienische Freistaat auch zum Könige von Italien machte.
Er ging nach Mailand und setzte dort die eiserne Krone der
Lombarden auf sein Haupt mit den Worten: „Gott gab sie mir;
wehe dem, der sie antastet!" Sein Stiefsohn Eugen ward
Statthalter dieses Landes. Seit der Zeit verschenkte er mehrere
Kronen und Länder an die einzelnen Glieder seiner Familie.
England, das schon im Jahre 1803 wieder den Krieg an
Frankreich erklärt hatte, brachte zwischen Rußland und Oester-
reich eine neue Verbindung gegen jenes Land zu Stande. Aber
mit ungewöhnlicher Schnelligkeit kamen die Franzosen nach Deutsch-
land, schlossen den österreichischen Feldherrn Mack in Ulm ein
und zwangen ihn, sich mit 24,000 Mann zu ergeben. Einige
Wochen später rückte Napoleon ohne Hinderniß in Wien ein und
wandte sich dann nach Mähren, wo die Oesterreicher mit den
Russen sich vereinigt hatten. Die beiden Kaiser, Franz und
Alexander, waren selbst bei ihren Kriegern, um sie durch ihre
Gegenwart anzufeuern. Da entbrannte bei Austerlitz ein
großer Kampf, in welchem die Verbündeten eine bedeutende
Niederlage erlitten. Eine Abtheilung Russen wollte sich über
einen gefrorenen See retten; aber Napoleon ließ das Eis durch
Kanonenkugeln zerschmettern, und mehrere Tausende der herrlich-
sten Soldaten versanken rettungslos.
Oesterreich erkaufte nun den Frieden mit schweren Opfern:
es mußte Venedig an das Königreich Italien, Tyrol an
Bayern, und seine Besitzungen in Schwaben an Würtemberg und
Baden abtreten. Zugleich erhielten die Kurfürsten von Bayern
und Würtemberg die Königswürde. Der Kaiser Alexander
kehrte, ohne Frieden zu schließen, zürnend heim. Zur See waren
aber die Franzosen unglücklich. Der englische Admiral Nelson
erfocht über sie einen glorreichen Sieg bei Trafalgar, büßte
sedoch dabei sein Leben ein. Kurz darauf vertrieb.napoleon den
König von Neapel und setzte seinen Bruder Joseph zum Könige
des Landes ein. Einen zweiten Bruder, Ludwig, drang er den
Holländern zum Könige auf. An seine Marschälle und Gene-
rale vertheilte er mehrere Herzogthümer in Italien.
Von den Hauptstaaten in Europa stand nur noch Preußen
unangefochten da. Der König bemühte sich stets, seinem
Volke das Glück des Friedens zu erhalten. Jetzt war es nicht
mehr möglich, denn der französische Gewalthaber reizte auf das
Uebermüthigste zum Kriege. Empört über seine Ungerechtigkeiten
und das eigenmächtige Schalten über deutsche Länder, zog das
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Extrahierte Personennamen: Eugen Eugen Napoleon Franz Franz Alexander Alexander Napoleon Alexander Alexander Admiral_Nelson Joseph Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Italien Mailand England Frankreich Oester- Ulm Wien Oesterreich Italien Tyrol Bayern Schwaben Würtemberg Baden Neapel Italien Europa
166
Geschichte.
Im Jahre 1808 entstand ein Aufruhr in Madrid; der
schwache König Karl Iv. legte die Regierung nieder; sein Sohn
Ferdinand bestieg den Thron. Nicht lange darauf erklärte Karl
seine Entsagung der Krone für erzwungen; eine französische Macht
rückte in Madrid ein, und Napoleon forderte Vater und Sohn
vor sich nach Frankreich, um ihren Streit zu entscheiden. Als
sie ankamen, nöthigte er Beide, auf den Thron zu verzichten,
und gab ihnen für ihr Königreich einige Landgüter in Frankreich,
wo sie gleichsam als Gefangene leben mußten. Zum Könige von
Spanien ernannte er dagegen seinen Bruder Joseph, den bis-
herigen König von Neapel. Das Königreich Neapel erhielt dann
sein Schwager Murat. Ueberraschend und beschämend mußte
es aber für ganz Europa fein, als die Spanier, die man für
ausgeartet und verweichlicht hielt, sich mit Kraft, Muth und
Begeisterung gegen ihren Unterdrücker erhoben. Der neue König
wurde genöthigt, sieben Tage nach seiner Krönung die Hauptstadt zu
verlassen. Da ergriff auch Portugal, von England unterstützt,
die Waffen, und es entzündete sich in der ganzen Halbinsel ein
wüthender Krieg, der fünf Jahre dauerte und 1813 mit der Ver-
treibung der Franzosen endete.
Während die kleinen Staaten Napoleons Befehlen folgten,
während Preußen erdrückt und Rußland mit dem Welteroberer im
Bunde war, da erhob sich aus einmal der hochherzige Kaiser
Franz, um allein zu bestehen den Riesenkampf, und die Frei-
heit Europas flüchtete sich unter die Fahnen Oesterreichs. Im
Jahre 1809, als die Franzosen mit Spanien vollauf zu thun hat-
ten, griff er zu den Waffen. Die Welt erstaunte, als sie die
furchtbaren Schaaren des geschwächten Oesterreichs erblickte. Der
Erzherzog Karl führte den Oberbefehl und drang tief in Bayern
ein. Napoleon eilte schnell herbei. Fünf Tage hinter einander
wurde heftig gekämpft, am entscheidensten bei Eckmühl, wo die
Oesterreicher eine völlige Niederlage erlitten. Ohne Zögern
drängte der furchtbare Sieger gegen die Hauptstadt, sagte schon
zum Voraus seinen Einzug an und hielt ihn wirklich, wie er ver-
kündigte, einen Monat nach dem Anfange des Krieges. Nun
setzte er über die Donau und lieferte dem Erzherzog Karl bei
Aspern, Wien gegenüber, eine zweitägige Schlacht — es war
die erste, welche er verlor. Nicht ohne Gefahr zog er sich zurück.
Nachdem er sich von neuem gerüstet und seine Streitkräfte zusam-
mengezogen hatte, erneuerte er den Angriff bei Wagram.^ Nach
der hartnäckigsten Gegenwehr überwand er endlich die ^Oesterrei-
cher. Der Friedensschluß brachte Oesterreich große Verluste an
Ländern. Kurz nach der Rückkehr in seine Hauptstadt ließ sich
Napoleon von seiner Gemahlin Josephine scheiden und warb um
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Iv Karl Ferdinand Ferdinand Karl Karl Napoleon Joseph Muth Napoleons Franz Franz Karl Karl Napoleon Karl Karl Napoleon Josephine
Extrahierte Ortsnamen: Madrid Madrid Frankreich Frankreich Spanien Neapel Neapel Europa Portugal England Napoleons Europas Spanien Oesterreichs Bayern Eckmühl Donau Aspern Wien Oesterreich
Die Befreiungskriege.
167
die Hand der Erzherzogin Marie Louise, der Tochter desjenigen
Kaisers, dem er kurz vorher die Hälfte seiner Staaten entrissen
hatte. Der gebeugte Kaiser brachte, wenngleich mit schwerem
Herzen, der Hoffnung des Friedens auch dieses Opfer.
¿0- Die Befreiungskriege.
Als der Kaiser Alexander überzeugt war, daß es Napoleon
doch nicht redlich mit ihm meinte, söhnte er sich mit England aus
und bot Schweden einen Ersatz für Finnland an. Darüber
ergrimmte Napoleon und ließ in allen ihm ergebenen Ländern
rüsten. Selbst Oesterreich und Preußen mußten Theil nehmen.
Nie sah Europa ein größeres und schöneres Heer. Ueber 500,000
Mann Franzosen, Oesterreicher, Preußen, Bayern, Sachsen,
Würtemberger, Badener, Westphalen, Holländer, Italiener und
Polen, mit allem reichlich versehen, traten den Kriegszug an.
Der Untergang des russischen Reiches schien gewiß zu sein, da
es Anfangs nur 200,000 Mann entgegenstellen konnte.
Der französische Kaiser drang mit der Hauptmacht auf Mos-
kau los und ließ einzelne Abtheilungen gegen die Ostsee und in
russisch Polen vordringen. Die Russen zogen sich vor ihm zurück
bis Smolensk, wo es zu einem hitzigen Treffen kam. Die
Stadt brannte ab; die Russen wichen weiter zurück, und Kutu-
s o w wurde zu ihrem Oberbefehlshaber ernannt. Bei B o r o d i n o
an der Moskwa, 14 Meilen von der alten Hauptstadt, machteer
endlich Halt. Die Ehre des Reichs schien eine Schlacht zu for-
dern. Da rief Napoleon frohlockend: „Soldaten, hier ist die
Schlacht, die ihr ersehnt habt! Sie ist nothwendig, denn sie
bringt uns Ueberfluß, gute Winterquartiere und sichere Rückkehr
nach Frankreich. Benehmet euch so, daß die Nachwelt von jedem
unter euch sagen kann: Auch er war in der großen Schlacht unter
den Mauern von Moskau!" Am 7. September 1812 wurde
die große Schlacht geliefert, in welcher 25,000 Menschen das
Leben verloren. Man stritt von beiden Seiten mit beispielloser
Erbitterung. Endlich trat Kutusow den Rückzug an und wollte
lieber Moskau preisgeben als eine neue Schlacht liefern. Mit
niedergeschlagenen Blicken, zusammengerollten Fahnen und ohne
Trommelschlag zogen die russischen Krieger durch die stille Haupt-
stadt, der größte Theil der Bevölkerung mit ihnen.
Am 14. September erblickten die Franzosen von der Höhe
eines Berges die ehrwürdige Stadt und der Freudenruf „Moskau!
Moskau!" durchlief die Reihen. Die Thürme von 300 Kirchen-
und deren goldene Kuppeln funkelten im Scheine der Sonne;
schöne Paläste ruheten zwischen Gärten, und erhaben ragte der
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Extrahierte Ortsnamen: England Finnland Oesterreich Europa Bayern Sachsen Polen Ostsee Smolensk Moskwa Frankreich Moskau Moskau Moskau
Die Befreiungskriege.
171
Rußland und der König von Preußen an der Spitze
ihrer Garden unbehindert in Paris ein.
Noch am Tage des Einzugs machten die Verbündeten bekannt,
daß sie mit Napoleon nicht unterhandeln würden. Hierauf erklärte
ihn der französische Senat für abgesetzt. Er befand sich eben
6 Meilen von Paris, als ihm die Nachricht von seiner Entthro-
nung überbracht wurde. Nach kurzem Aufbrausen gegen den
Senat und die Hauptstadt, und nach mehreren Versuchen , seinem
Sohne die Krone zu verschaffen, ergab er sich in den Willen der
Sieger und verzichtete auf die Regierung. Er erhielt mit Bei-
behaltung seiner Würde, die kleine Insel Elba im mittel-
ländischen Meere. Die Kaiserin bekam drei Herzogthümer in Ita-
lien und ging mit ihrem Sohne nach Oesterreich.
Im Mai hielt Ludwig Xviii., der sich bisher in England
aufgehalten hatte, einen feierlichen Einzug in Paris, um den
Thron einzunehmen, auf welchem vor 20 Jahren sein unglücklicher
Bruder saß. Der Friede, den jetzt die Verbündeten abschlössen,
führte Frankreich auf diejenigen Grenzen zurück, die es zu Anfang
des Jahres 1792 gehabt hatte. Deutschland erhielt fast alle Län-
der jenseit des Rheins wieder; Spanien und Portugal kamen
unter ihre rechtmäßigen Fürsten; Oesterreich erlangte die früher
besessene Lombardei und Venedig; auch der Papst wurde in alle
vorigen Rechte und Besitzungen eingesetzt; Neapel fiel erst später
seinem alten Könige zu.
So schien Europa nach langen Kriegen beruhigt, und es
blieb nichts weiter zu thun übrig, als die Grenzen der einzelnen
Staaten unter einander zu bestimmen. Deshalb wurde zu Wien
eine Berathung eröffnet, bei welcher sich die Kaiser von Ruß-
land und Oesterreich, die Könige von Preußen, Dänemark
Bayern und Würtemberg persönlich und außerdem die Abgesand-
ten aller bedeutenden europäischen Staaten einfanden. Die
Unterhandlungen dauerten mehrere Monate. Viele Schwierig-
keiten machte besonders die Uebereinkunft mit Preußen. Sachsen
wurde getheilt, Polen zum Theil an Rußland abgetreten, und
Preußen erhielt das Großherzogthum Posen, fast die Hälfte
vom Königreich Sachsen und ein bedeutendes Gebiet an beiden
Seiten des Rheins.
Man hoffte die übrigen Angelegenheiten bald zu ordnen, als
plötzlich, wie ein Blitz bei heiterem Himmel, die Nachricht von
der Entweichung Napoleons und seiner Landung an der französi-
schen Küste kam. Napoleon drang mit schnellen Schritten gegen
Paris vor; überall empfing mau ihn unter lautem Jubel. Der
König Ludwig mußte die Hauptstadt verlassen, und Napoleon
hielt einen feierlichen Einzug in dieselbe. Zwar erließen die in
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Ludwig_Xviii Ludwig Napoleons Napoleon Ludwig Ludwig Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Elba Ita- Oesterreich England Paris Frankreich Deutschland Rheins Spanien Portugal Oesterreich Venedig Neapel Europa Wien Oesterreich Sachsen Posen Sachsen Rheins Napoleons Paris
218
Seelenlehre.
Die Vernunft belehrt den Menschen über Gott, Welt
und sich selbst, über das, was gut und scldecht, recht üntl
unrecht ist. Je besser unr sie zu gebrauchen verstehen,
desto mehr verdienen wir den Nameti vernünftige Wesen.
Allein zum Vernünftigsein gehört auch, dass wir den
erkannten Wahrheiten gemäss leben.
Einbildungskraft.
Karls Vater unterhielt sich mit seinem Freunde über Himmels-
körper, und es kam auch das Gespräch auf die Schweifsterne
oder Kometen. Der Freund erwähnte des Kometen von 1811.
Das war ein prachtvolles Gestirn! sagte er. Sein grosser Kern
hatte einen silberhellen Glanz, und der fächerartig ausgebreitete
Schweif nahm sich besonders gut aus. Es sind doch schon
viele . Jahre verflossen, und ich habe ihn noch ganz deutlich
vor meinen Augen. Auch mir, erwiderte der Vater, ist sein
Bild noch recht gegenwärtig; denn ich betrachtete ihn oft, da
er viele Wochen des Nachts am Himmel stand. Späterhin nannte
man diesen Kometen den Unglücksstern Napoleons. Viele Leute
glauben, dass Kometen einen Krieg verkündigen. Man rüstete
sich zwar damals zu einem der grössten, doch war ja zu der
Zeit in Europa schon lange ein ununterbrochener Krieg; seine
Flammen loderten nur bald da, bald dort auf. Nun wurde
weiter gesprochen, über den Zug des französischen Heeres nach
Russland, über die Haltung, die Waffen, das Benehmen der
Krieger; dann kam man auf die Jammergestalten, auf die Noth
und das Elend der aus Russland Zurückgekehrten, auf Preussens
Erwachen, seine Rüstungen, seine ruhmwürdigen Feldzüge. Da
der Vater die Kriege mitgemacht hatte, so schilderte er alles
treu und lebendig. Dabei rief er oft aus: „da liegt noch jenes
Schlachtfeld vor mir,- ich höre den Donner des Geschützes, das
Siegesgeschrei der Unsrigen; ich fühle noch den Schmerz und
das Entsetzen beim Anblicke der Todten und Verwundeten!“—
Welch ein wunderbares Vermögen ist doch die Einbildungs-
kraft, indem sie durch die Seele das, was ihr die Sinne selbst
vor geraumer Zeit überbracht hatten, wieder vergegen-
wärtigen kann! Karl, der aufmerksam zuhörte, stellte sich
vieles von dem vor, worüber eben gesprochen wurde. In sei-
ner Seele machten sich auch Bilder von dem Kometen
und von den Vorfällen des Krieges, obgleich er sie in der
Wirklichkeit nicht gehabt hatte. Jetzt dachte auch er über
diese Kraft nach,- der Schulunterricht und eigene Beobachtungen
erweiterten seine Kenutniss von derselben.
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Extrahierte Personennamen: Karls Karls Napoleons Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Europa Russland Russland
Theilung Polens.
155
England wollte diesen Mann für sich gewinnen und ernannte
ihn zum Oberpostmeister der amerikanischen Besitzungen; allein er
blieb dennoch der Sache seines Vaterlandes ergeben. Bei dem
Ausbruche der Mißhelligkeiten zwischen England und Amerika
reiste er nach London und vertheidigte hier die Rechte seiner Lands-
leute mit eben so großer Weisheit als Freimüthigkeit. Als er im
Jahre 1778 wegen Abschließung eines Bündnisses mit Frankreich
nach Paris kam, gerieth die ganze Stadt in freudige Bewegung;
Jeder wollte den ausgezeichneten Amerikaner sehen. Nicht selten
saß der ehemalige Buchdrucker mit dem Könige zu Tische. Bei
seiner Aufnahme in die Gelehrtenversammlung Frankreichs ward
er als Erfinder des Blitzableiters und Befreier des Vaterlan-
des mit dem eben so schönen als wahren Verse bewillkommt
„dem Himmel entriß er den Blitz, den Tyrannen
das Scepter."
Franklin starb, allgemein verehrt und bewundert, in seinem
81 sien Jahre. Merkwürdig ist noch die Grabschrift, die er sich
selbst setzte: „Hier liegt der Leib Benjamin Franklins, eines
Buchdruckers, als Speise für die Würmer, gleich dem Deckel
eines alten Buches, aus welchem der Inhalt herausgenommen
und der seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist. Doch wird
das Werk selbst nicht verloren sein, sondern einst wieder erschei-
nen in einer neuen, schöneren Ausgabe, durchgesehen und ver-
bessert vom Verfasser."
* Theilung Polens.
Während Preußen im Norden von Europa in jugendlicher
Kraft empor blühte, ging ein anderes Königreich — Polen —
das bisher eine der Schutzmauern gegen das Andringen barba-
rischer Völker aus dem Osten gewesen war, mit raschen Schritten
seinem Untergange entgegen. Eine der Hauptursachen dieses Ver-
falles war die Verfassung des Staates. Ein König stand an der
Spitze, aber er war ohne Gewalt, der Bürger war ohne Ansehn,
der Bauer ein gedrückter Leibeigner. Die polnischen Edelleute
lebten auf ihren Gütern wie Könige und herrschten in unbeschränk-
ter Freiheit über ihre Bauern. Nur sie gelaugten zu Aemtern und
Würden, nur sie wählten nach dem Aussterben der Piasten und
Jagellonen den König. Auf den Reichstagen herrschte eine so tolle
Verwirrung, daß sie sprichwörtlich geworden sind. Die Unord-
nung wuchs noch mehr, als auch hier die Kirchentreunung ein-
brach und die Nichtkatholiken einen wüthenden Kamps um Gleich-
heit der Rechte mit den Katholiken begannen.
Katharina Ii., Kaiserin von Rußland, sah diesem Treiben
nicht theilnahmslos zu, denn sie hoffte daraus Vortheil zu ziehen.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Ortsnamen: Polens England Amerika London Frankreich Paris Frankreichs Polens Europa Polen
160
Geschichte.
Oesterreich und der König von Preußen, zeigten feindliche Gesin-
nungen gegen das französische Volk, wegen des Umsturzes der
Negierung und der schlechten Behandlung seines Königs. Die
Rüstungen an den Grenzen erbitterten aber auch die Franzosen, und
Ludwig wurde gezwungen, den auswärtigen Mächten den Krieg
zu erklären. Während der Zeit hörten jedoch die Unruhen in
Paris nicht ans; man beging die wildesten Ausschweifungen. In
einem Anflanfe wurde das königliche Schloß geplündert, der
König, den man beschuldigte, daß er die neuen Einrichtungen
wieder umstürzen wolle, gefangen gesetzt, die Staatsverfassung
aufgehoben und Frankreich im Jahre 1792 zu einem Freistaate
erklärt. Diese Umänderungen begeisterten damals das französische
Volk mit außerordentlichem Muthe. Die Heere der Feinde, die
von allen Seiten eindrangen, wurden geschlagen. Zugleich ver-
stärkten aber auch die Siege den Grimm der Gegner des Königs.
Sie brachten es dahin, daß er vor Gericht gestellt, zum Tode
verurtheilt und öffentlich in Paris enthauptet wurde. Er hatte
keine Schuld an dem Elende des Volkes; sein Unglück war, daß
er sich zu sehr von schlechten Rathgebern leiten ließ. Seinen
Tod verlangten nicht die Bessern im Volke.
Von jetzt an entstanden zwei Parteien in Frankreich, die ans
einander losstürmten. Die mächtigere gab vor, die Sache der
Freiheit zu vertheidigen, und schrie über die schwächere, daß sie
feindlich wider das Volk handle. Gegen diese hielt man dann alle
Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten für erlaubt und mordete mit
einer schauderhaften Blutgier. Am gräßlichsten wüthete Robes-
pierre, der sich zum Gewalthaber emporgeschwungen hatte; täg-
lich wurden Menschen hingerichtet, oft 50 bis 70 auf einmal.
Ein Gleiches geschah in den größern Städten des Landes, in
Lyon und Nantes. Nachdem Robespierre gestürzt war, ließen
zwar die Grausamkeiten nach, aber Verfolgungen dauerten im
Innern des Landes noch fort; mehrere Gegenden wurden vom
Bürgerkriege ganz verwüstet. Die benachbarten Staaten hatten
sämmtlich gegen Frankreich die Waffen ergriffen, England,
Oesterreich, Preußen, Sardinien, Spanien und das deutsche
Reich. Die französischen Heere, von klugen und muthvollen
Feldherrn angeführt, siegten indeß überall; sie bemächtigten sich
der deutschen Provinzen am linken Rheinufer, eroberten Holland,
drangen tief in Deutschland ein und beherrschten fast ganz
Italien; nur zur See gegen England gingen Schiffe und Inseln
verloren. Preußen machte dem vergeblichen Kampfe durch den
Frieden zu Basel ein Ende; Spanien folgte seinem Beispiel.
Die übrigen blieben noch im Kriege. Da trat ein Mann auf,
welcher zu den außerordentlichsten in der Weltgeschichte gehört:
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Paris Frankreich Paris Frankreich Lyon Nantes Frankreich England Oesterreich Sardinien Spanien Holland Deutschland Italien England Basel Spanien
Napoleon Bonaparte.
163
mußte Bonaparte, da auch die Pest in seinem Heere ausbrach,
die Belagerung aufgeben und nach Aegypten zurückkehren.
Inzwischen standen die Sachen in Europa anders als bei
Bonapartes Abgang nach Afrika. Oesterreich und Rußland
hatten sich gegen Frankreich verbunden und in mehreren Schlach-
ten gesiegt. Als der Eroberer Aegyptens davon Nachricht erhielt,
verließ er nebst einigen seiner Freunde das Land, indem er vorher
den General Kleber zum Befehlshaber des zurückgelassenen
Heeres ernannte. Er landete glücklich in Frankreich, eilte nach
Paris, stürzte mit Hilfe seiner Anhänger die schwache Regierung
und ließ sich zum ersten Konsul auf zehn Jahre ernennen.
Außer ihm wählte man noch zwei Konsuln; der Staat wurde
also von drei Oberhäuptern regiert, denen der Senat und die
gesetzgebende Versammlung zur Seite standen. Sehr segensreich
erwies sich für den Anfang die neue Verfassung. Die Verbann-
ten wurden zurückgerufen, die feindlich gegen einander wirkenden
Parteien ausgesöhnt.
Bonaparte sah wohl ein, daß er zur Befestigung seiner
neuen Macht des Friedens bedürfe, und bot ihn deshalb dem
Könige von England, dem Haupte der Verbündeten, an. Da
dieser aber im Vertrauen auf Oesterreichs Siege in Italien, ihn
ansschlug, so setzte der erste Konsul den Krieg nachdrücklich fort.
Wie ein zweiter Hannibal zog er mit 60,000 Mann über die
Alpen, und die blutige Schlacht bei Mar eng o eröffnete den
Franzosen ganz Italien. Eben so glücklich fochten sie in Deutsch-
land. Schon bedrohten sie die Kaiserstadt, als der Friede 1801
dem Kampfe ein Ende machte. Im folgenden Jahre schloß auch
England einen Frieden, der indeß nicht lange dauerte.
Während der Ruhe arbeitete Bonaparte unablässig an der
innern Wohlfahrt des Landes. Mit Hilfe des Papstes ordnete
er die kirchlichen Angelegenheiten und führte den öffentlichen.
Gottesdienst wieder ein. Schulen wurden hergestellt, um die
Jugend zu entwlldern, zur Beförderung des Handels Kunst-
straßen und Kanäle angelegt und in die Verwaltung mehr Ord-
nung gebracht. Es schien, als wolle er sich den Ruhm eines
eben so großen Regenten als Feldherrn erwerben. Darum
sagten auch seine Lobredner von ihm: „ er verbindet mit Alexan-
ders Größe Solons Weisheit!"
Für die vielen Verdienste um das Vaterland bot man ihm
die Konsulwürde auf Lebenszeit an. Dem ruhmsüchtigen Manne
war es nun leicht, den letzten Schritt zur Alleinherrschaft zu
machen. Der Senat kam seinen Wünschen entgegen und ernannte
ihn 1804 zum Kaiser der Franzosen. Im Dezember dessel-
den Jahres wurde er als Napoleon L vom Papste mit aus-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Hannibal Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Europa Afrika Oesterreich Frankreich Frankreich Paris England Oesterreichs Italien Italien Deutsch- England